Die einst kleinste Republik der Welt

Historisches Gersau

411 Jahre lang war der Ort Gersau unter dem Protektorat der Eidgenossen ein freier Ort, 368 Jahre lang unabhängige Republik und der kleinste Freistaat Europas mit einer Fläche von nur 24 km2. Einst war Gersau nur per Nauen, Ruderboot oder zu Fuss erreichbar. Das Dorf liegt am Südfuss der Rigi in einer klimatisch geschützten Bucht am Vierwaldstättersee.

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Die älteste menschliche Hinterlassenschaft in Gersau stammt aus der Bronzezeit, eine Dolchklinge aus Bronze, sie wurde um 1400 v. Chr. in Gersau verloren. Aus der römischen Zeitepoche sind in Gersau nur ein Einzelfund belegt, eine Kupfermünze des 3. Jh. nach Chr. Aber alles von vorne:

1064
Die erste schriftliche Erwähnung von Gersau findet sich im Stifterbuch des Klosters Muri. Die ersten Grundherren von Gersau sind als Gründer des Klosters Muri die Grafen von Lenzburg.

1179 & 1189
In den Papsturkunden wird zum ersten Mal eine Kirche in Gersau erwähnt «ecclesiam Gersouvo». Die Kirche ist mit Tauf-, Bestattungs- und Zehntrecht ausgestattet. 

1281 - 1300
Im «Habsburger Urbar» werden zwei Höfe in Gersau erwähnt. Der eine gehört den Grafen von Habsburg, der andere dem Kloster Muri. Der Habsburger Hof besteht aus «sechs Hufen und sieben Schupossen», kleineren Gütern, insgesamt also aus mindestens 13 Anwesen. Die Anwesen des murensischen Hofes hatten vermutlich eine ähnliche Grösse.

1333
In der Folgezeit wechseln die Pfandherren von Gersau, ab 1333 ist es die wohlhabende Luzerner Familie von Moos. Dem Pfandherrn Jost von Moos unterstanden 26 Gersauer.

1359
Ein weiteres wichtiges Bündnis wird bestätigt: Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern nehmen Gersau und Weggis in die Eidgenossenschaft auf. 

1390
Entscheidende Veränderungen erfolgen, als sich die Gersauer anschicken, selbst die Herrschaftsrechte zu kaufen. Vier Jahre nach der Schlacht von Sempach erwerben sie von den Geschwistern von Moos «Gerichte und Steuern» um 690 Pfund Plappart. Gersau wurde ein freier Ort, eine freie Gemeinde und ein zugewandter Ort in der Eidgenossenschaft. 

1433
Den erworbenen freiheitlichen Status lassen sich die Gersauer von Kaiser Sigismund bestätigen. Dies ist der Beginn der Republik Gersau, ein reichsunmittelbarer Freistaat.

1436
Ammann und Kirchgenossen von Gersau erlassen das Hofrecht und das Eherecht. 

1483
Johann von Büttikon verkauft die Kirchengüter den Kirchgenossen von Gersau. Damit waren auch die letzten feudalen Rechte in gemeindlicher Hand.

1593
Nach einer Viehseuche wird die älteste Bruderschaft in der Republik, die Sennenbruderschaft gegründet. Weitere Gründungen von Bruderschaften sind 1626 die Rosenkranz-Bruderschaft, dann 1683 die Sankt Sebastian Bruderschaft, im Jahr 1730 dann die Sankt Anna Bruderschaft, die Meisterzunft.

1605
Im Landbuch wird das Gersauer Wappen erstmals in den Farben rot-blau dargestellt. 

1730
Die Seidenindustrie beginnt in Gersau. Ferger (= Seidenausteiler) Melchior Rigert errichtet im Auftrag von Augustin Reding, Schwyz eine Seidenfäule am See. Der See bot die besten Transportverbindungen, das Rohmaterial wurde von Italien eingeführt.

1760
Johann Anton Küttel (1725–1808) schafft als erster Gersauer den Schritt zum Verleger (= Inhaber / Kaufmann), er gründet die Firma J. A. Küttel & Co. Schon zur Zeit der Republik gab es mehrere Gewerbebetriebe, Kalk- und Ziegelbrennereien, Nagelschmieden und die Gersauer Kachelöfen wurden vom Urnerland bis Engelberg ausgeliefert.

1798
Nach der Besetzung durch die Franzosen und das vorläufige Ende der Republik ist Gersau 5 Jahre lang dem Kanton Waldstätten zugeteilt. Während der Meditation 1803-1813 dann als Bezirk Gersau dem Kt. Schwyz zugeteilt.

1814
Die Gersauer Bürgerschaft wünscht sich eine Rückkehr zum unabhängigen Gemeinwesen, wie es vor der Französischen Revolution bestanden hatte. Am 2. Februar 1814 wird in Gersau zum zweiten Mal die Republik ausgerufen.

1817
Am 22. Juli wurde Gersau dann gegen seinen Willen an der Tagsatzung in Bern dem Kanton Schwyz zugesprochen. 13.5 Kantone waren dafür, vier Innerschweizer Kantone, Freiburg und Appenzell Ausserrhoden waren dagegen. 

1818
Gersau ist neu der zweitgenannte Bezirk im Kanton Schwyz. 

1840
Der Tourismus in Gersau mit dem Kurhaus auf Rigi-Scheidegg, dem Hotel drei Könige, Sonne, usw., wurde immer grösser. Das Aufkommen der Dampfschifffahrt (ab 1837) sowie die Erschliessung Gersaus durch eine Strasse nach Brunnen (1860er-Jahre) und nach Vitznau (1880er Jahre) förderten den Fremdenverkehr. 

1875
Wurde dir erste Fahrt gemacht auf der Schmalspurbahn von Rigi-Kaltbad auf die Rigi-Scheidegg. Die Länge des Trasses der Rigi-Kaltbad-Scheidegg Bahn war 6,75 km und war bis 1931 in Betrieb. Diese Bahn war die höchstgelegene in ganz Europa und bezauberte die Gäste mit ihrer wunderbaren Aussicht.

1875
Gersau zählte 1875 als Tourismus- und Kurort 30 Hotels, Restaurants, Pensionen und Pinten. Diese Hochblüte des Tourismus dauerte bis zum 1. Weltkrieg an.

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